Innovation im Hinterzimmer – Radio auf der re:publica 14

Die re:publica in Berlin ist eine stetig wachsende Bloggerkonferenz. Ursprüngliches Ziel: Vernetzung der Bloggergemeinde.  2014 waren mehr als 6.000 Besucher dort.  Die Aufmerksamkeit der klassischen Medien lässt die re:publica langsam zur „must have been there“ Veranstaltung werden. Besprochen wurden in der Tradition der Konferenz die großen gesellschaftlichen Themen der Digitalisierung, und ganz nebenbei auch mutige Innovationen. Der Blick ins Hinterzimmer:

Zunächst sollen ein paar Bilder sprechen. So sah die re:publica an der MainStage aus (der Hauptbühne von insgesamt … äh … wie vielen Areas … waren es 15?):
republica_stage1

… und so gemütlich im Gegensatz dazu am Innovationspace des MIZ Babelsberg:

republica_miz

In dieser kleinen, mit 40 Zuschauern schon überfüllten Box am Eingang der re:publica sind Medieninnovationen der Zukunft besprochen worden – und zwar auf einem erfrischend unbelasteten Niveau.

Pitches auf  Startup-Konferenzen merkt man immer an, dass die Gründer diese Präsentationen normalerweise schon vor vielen Investoren gehalten haben, sie präsentieren mindestens mit betriebswirtschaftlichem Einschlag – selbst, wenn sie eigentlich eine große Vision haben. Ich nehme mich mit my mediaguide selbst da gar nicht aus.

Das MIZ verfolgte aus meiner Sicht einen anderen Weg: seid kreativ, seid innovativ und visionär – und denkt an die Umsetzung und Monetarisierung erst im zweiten Schritt. Das war die Botschaft an die Menschen, die zum Teil noch recht weit vom Status „Startup“ entfernt sind, aber dennoch an der Zukunft der Medien mitentwickeln wollen. Es ging um Ideen, und nicht um Geschäftsmodelle. Und ich durfte als Gründer von my mediaguide einige der radio-orientierten Ideen am letzten Tag der re:publica offiziell kommentieren.

Crossmediales Talkradio – Radioinnovation ohne Radiovorbelastung

Hat man selbst so wie ich lange Zeit für deutsche Radiounternehmen gearbeitet, fehlt einem zunehmend die Außenansicht. Man beginnt zum Beispiel, Formatregeln, die eigentlich nur dazu da sind, die Mechanik der Quotenerhebung zu befriedigen, für etwas „vom Hörer gewünschtes“ zu halten. Mit dieser Ansicht könnte man kein Rollenspiel für das Radio entwickeln, wie es im Innovationspace vorgestellt wurde. Aber zum Glück gibt es Menschen, die diese Innenansicht nicht haben und mutige couragierte Unterstützer wie detektor.fm, die diese leicht interaktive Form des Hörspiels auch senden:

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Mich persönlich hat am meisten das Projekt Crossmediales Talkradio beeindruckt. Drei junge Frauen mit nur sehr wenig Radioerfahrung, aber einem fundierten Medienwissen, die offenbar mehr aus dem Bauch heraus ein tolles Radioformat für eine junge, bildungsnahe Zielgruppe entwickelt haben – also genau die Zielgruppe, die sich eigentlich schon längst vom klassischen Jungend-Formatradio abgewandt hat.

Kurzgefasst geht darum, jeweils einen eher jugendlichen Protagonisten und einen Protagonisten aus dem Rentenalter über ein jugendspezifisches Thema (wie „Erste Liebe“) live talken zu lassen. Die Hörer können nicht nur über die klassischen Social Media Kanäle Fragen dazu stellen, vielmehr wird die Geschichte transmedial weitererzählt.

Und das ist dann tatsächlich so etwas wie interactive Storytelling im Radio. Aber diese Ideen werden selbst auf der re:publica eben bislang nur im Hinterzimmer besprochen.

(kleine Anmerkung noch: „crossmedial“ bedeutet kurz gefasst, einen Inhalt über unterschiedliche Distributionswege zu verbreiten – „transmedial“ bedeutet, für jeden Medienkanal eigene, spezifische Inhalte zu produzieren … wie zum Beispiel „das Buch zum Film“)

Ergänzung vom 9. Mai 2014:

Kollege Daniel Kaiser gehört zu den Radioleuten mit einem sehr breiten kulturellen Wissen. So kannte er zum Beispiel auch ein Radioexperiment, das im Jahr 2000 beim Deutschlandradio lief: das interaktive Hörspiel „Bei Anruf Soap„. Er machte mich darauf aufmerksam. Das Rollenspiel fürs Radio ist also keine so neue Idee, aber das 14 Jahre alte Experiment war in Vergessenheit geraten. Nur Daniel kannte es noch…

Alle Pitches noch einmal sehen:

Der  Berliner Offene Kanal Alex TV hat auch die Veranstaltung zu Radioinnovationen inzwischen Online gestellt. Die Pitches der Teilnehmer:

Oder gleich alle spannenden Sessions des MIZ Babelsberg auf der re:public 14: