So geht Twitter im TV – ein gutes crossmediales Beispiel bei der FIFA Weltmeisterschaft 2014

Dirk Hensen hat seinen Job ziemlich gut gemacht. Zumindest aus Sicht seines Auftraggebers. Er war der erste Mitarbeiter der deutschen Niederlassung von Twitter. Eine seiner ersten Amtshandlungen: eine ausführliche Tour durch die deutschen Fernsehredaktionen. Auf der Agenda stand: erkläre den Journalisten, was Twitter ist, und was man damit anfangen kann. Die Redaktionen haben es genutzt. So entstand eine neue, völlig unsinnige Rubrik in der TV Livesendung: lies das Internet vor. Dank der WM 2014 ist das hoffentlich vorbei.

Erinnern Sie sich noch an die Fußball Europameisterschaft 2012? Das ZDF sendet am Strand von Usedom. Zwischendrin werden immer wieder Tweets und Facebook-Posts vorgelesen. Ein Trauerspiel. Der Nicht-Social-Media-Nutzer wundert sich darüber, dass ihm nicht mal Lesen zugetraut wird. Schließlich werden die Tweets eingeblendet und vorgelesen. Die Redundanz-Todsünde jeder Präsentation. Der Social-Media-Nutzer wiederrum fragt sich, warum das, was er aus dem Netz sowieso schon kennt (und was er vermutlich bereits interaktiv verarbeitet hat) nun starr, linear, und unter Missachtung der Eigenschaften der Mediengattung Social Media im TV zu sehen ist.

Zumindest bei der ARD haben sich in den vergangenen beiden Jahren einige Menschen  Gedanken darüber gemacht, wie man wirklich crossmedial mit Twitter, Facebook und dem linearen Fernsehen arbeiten kann. Mit einem tollen Ergebnis. Eine so gute Vereinigung der Medienkanäle wie nach dem Endspiel der FIFA Weltmeisterschaft 2014 habe ich bislang noch nicht gesehen.

Screenshot aus dem Beitrag der ARD nach dem Finale der FIFA - Weltmeisterschaft 2014.
Screenshot aus dem Beitrag der ARD nach dem Finale der FIFA – Weltmeisterschaft 2014.

Und so geht es: als Basis dient die hoch-emotionale Story des Endspiels. Die Bilder der wichtigsten Spielsituationen hat der Zuschauer so kurz nach Spiel noch im Kopf . Sie müssen richtigerweise nicht mehr gezeigt werden. Die Tonspur aus der Hörfunk-Vollreportage ist sowieso perfekt dazu geeignet, Bilder im Kopf zu erzeugen. Dazu schneide man Einstellungen von verschiedenen Public-Viewing-Veranstaltungen als Emotionsverstärker (Stichwort: Spiegelneuronen), blende Tweet-Screenshots darüber und lass die Texte von professionellen Sprechern, nicht vorlesen, sondern performen.

So entsteht ein emotionaler crossmedialer Beitrag für das Fernsehen. Natürlich ist ein Beitrag wie dieser in der Produktion deutlich aufwendiger als das übliche Verlesen von Tweets und Facebook-Beiträgen. Aber der Einsatz lohnt sich. Alles andere ist nämlich nichts weiter als eine billige, den Zuschauer oder Zuhörer ignorierende Füllung der Sendezeit. Laaaangweilig im TV, richtig peinlich im Radio (weil Radio eigentlich vom O-Ton lebt).